Gutachten und Verfahrensstand
Die Bürgerinitiativen Siedelsbrunn und Ulfenbachtal haben sich im März 2016 zusammengeschlossen. Seitdem wurden für Gutachten, Klagen, juristischen Beistand und Öffentlichkeitsarbeit rund 250.000 EUR (Stand 9/2019) aufgewendet. Wir stehen geschlossen zusammen und werden uns weiter für den Erhalt unserer Heimat und Natur einsetzen. Wir werden alle juristisch zur Verfügung stehende Möglichkeiten wahrnehmen, um gegen die bisher genehmigten Windindustrieanlagen im Kreis Bergstraße ("Greiner-Eck", "Stillfüssel" und "Kahlberg") vorzugehen.
Unser Ziel ist und bleibt der Rückbau der bereits errichteten Anlagen, die auf eigenes Risiko der jeweiligen Betreiber erbaut wurden. Wir geben nicht auf, auch wenn die Betreiber an den zuvor genannten Standorten im Sofortvollzug vollendete Tatsachen geschaffen haben. Ebenso wollen wir weitere Anlagen im Odenwald verhindern. Gerichtsverfahren, die sämtliche Instanzen durchlaufen und sich über Monate und Jahre ziehen werden, nehmen wir dabei in Kauf. Ein unabhängiges Gericht kann nach Würdigung der artenschutzrechtlichen Situationen an allen drei Standorten nur zu einem Urteil gelangen: die errichteten Windindustrieanlagen sind wieder abzubauen. Davon sind wir zutiefst überzeugt. Ein Laie erkennt bereits am Genehmigungsdatum der beiden Standorte Stillfüssel und Kahlberg (30. Dezember 2016), dass hier keine ordnungsgemäße Prüfung aller relevanten Kriterien durch das Regierungspräsidium Darmstadt stattgefunden haben kann. Die Gerichte werden spätestens nach Einsicht in die Verwaltungsakten weitere Versäumnisse erkennen und offenlegen.
Am Standort Stillfüssel wurde die Genehmigung am letzten Arbeitstag des Jahres 2016 auf Anordnung und persönlichen Wunsch der Behördenleitung, Brigitte Lindscheid (GRÜNE), vorgenommen. Die Genehmigung ist damit ausschließlich politisch motiviert. Trotz eines von der Staatlichen Vogelschutzwarte Frankfurt bestätigten Schwarzstorchhorstes im 3km Tabubereich, wurde in Zusammenarbeit mit dem Betreiber ein "Lösungsvorschlag" für die Errichtung von fünf Windindustrieanlagen auf dem Stillfüssel erarbeitet. Dabei wurde auf die Vorgehensweise im Genehmigungsverfahren für das Greiner-Eck verwiesen. Zwar verzichtete der Betreiber am Stillfüssel dafür auf die Errichtung eines ursprünglich beantragten sechsten Windrads, genießt dadurch aber urplötzlich die Vorteile einer standortbezogenen Umweltverträglichkeitsprüfung, die wesentlich geringe Anforderungen als an eine allgemeine Unweltverträglichkeitsprüfung stellt. Das Regierungspräsidium Darmstadt hat durch diese Vorgehensweise ihre Einschätzungsprägorative vollständig zu Gunsten des Betreiber ausgereizt und damit offenkundig alle bestehenden artenschutzrechtlichen Konflikte am Standort Stillfüssel (inklusive bestätigten Schwarzstorchhorst im Tabubereich durch die Staatliche Vogelschutzbehörde!) ausgeblendet.
Bislang wurden alle Eilänträge auf Baustopp und Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung vom Verwaltungsgericht Darmstadt und dem Verwaltungsgerichtshof Kassel abgelehnt. Das persönliche Rechtsempfinden aller Mitstreiterinnen und Mitstreiter der Bürgerinitiativen wurde dabei auf den Kopf gestellt. Die Gerichte schenkten bisher ausschließlich den eingereichten Gutachten der Betreiberseite Glauben. Dies ist damit zu erklären, dass die Gerichte im Rahmen der Eilanträge v.a. formale Gründe prüfen, die nicht auf einer profunden Beweisaufnahme basiert. Dies wird im abschließenden Hauptklageverfahren dann der Fall sein. Hier werden die Karten neu gemischt und abschließend beurteilt. Beiden Seiten (Betreiber und Bürgerinitiativen) stehen also mindestens noch zwei Verfahrensrunden bevor. Die Bürgerinitiativen vertrauen nach wie vor darauf, dass wir in einem Rechtsstaat leben, in dem unabhängige Richter auf Grundlage geltender Gesetze Urteile sprechen und somit ausschließlich politisch motivierten Entscheidungen Einhalt gebieten.
Wir haben uns dazu entschlossen, ausgewählte Gutachten und Stellungsnahmen zur artenschutzrechtlichen Situation, zu veröffentlichen. Dies immer dann, wenn uns der Verfasser dazu seine Genehmigung erteilt hat und dadurch laufende Gerichtsverfahren nicht tangiert werden. Nach und nach werden wir weitere Expertisen veröffentlichen. Bei allen Verfassern bedanken wir uns für die Freigabe. Wir sorgen für Transparenz, denn wir haben nichts zu verbergen. Gutachten der Gegenseite dürfen wir nicht veröffentlichen. Urheberrechte - oder neuerdings auch Wettbewerbsgründe - sprechen aus Sicht der Betreiber dagegen. Gutachten zur gemessenen Windhöfigkeit am Stillfüssel wurden von Entega nicht zur Verfügung gestellt. Bis heute ist also unklar, wie sich die über die Presse kolportierten 6,4 m/s Windgeschwindigkeit über dem Höhenrücken Stillfüssel zusammensetzen. Die Windgeschwindigkeit wird seitens der Bürgerinitiativen stark angezweifelt. Vergleichmessungen in Birkenau und Schönmattenwag haben deutlich geringere Windhöfigkeiten ausgewiesen. Laut hessischem Landesentwicklungsplan werden für einen wirtschaftlichen Betrieb von Windindustrieanlagen mindesten 5,75 m/s gefordert.
Spenden für neue Gutachten und die anstehenden juristischen Auseinandersetzungen sind sehr willkommen. Bitte unterstützen Sie uns. Informationen zur Spende erhalten Sie hier.
1. Dirk Bernd, Büro für Faunistik und Landschaftsökologie
Der Schwarzstorch im Odenwald - Brutjahr 2017 - (10/2017)
2. Prof. Dr. Michael Wink, Direktor am INSTITUT FÜR PHARMAZIE UND MOLEKULARE BIOTECHNOLOGIE - Abt. BIOLOGIE, Universität Heidelberg
Kurzgutachten zur Situation gefährdeter Vogelarten im geplanten Windpark Stillfüssel (8/2017)
3. Dirk Bernd, Büro für Faunistik und Landschaftsökologie
Schwarzstorch-Studie Odenwald - Brutjahr 2016 - (02/2017)
4. Michael Hahl M.A., Geograph, proreg - Büro für landschafts- u. naturverträgliche Regionalentwicklung und Umweltplanung
Schwarzstörche im Eiterbach - Stillfüssel - Ökosystem (09/2016)