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18. September 2017: Stillfüssel: Uhu gestärkt und lebenstauglich wieder in die Natur entlassen

Bürgerinitiativen hoffen auf positive Entscheidung eines anhängigen Eilantrags beim Verwaltungsgericht Darmstadt

WALD-MICHELBACH. – Letzte Woche wurde ein Jung-Uhu im Eiterbachtal wieder in der Natur ausgewildert. „Ich freue mich, dass er an seiner Geburtsstätte jetzt gestärkt und lebenstauglich wieder ausgewildert werden konnte, und hoffe, dass er für viel Nachwuchs sorgt und alle seine Artgenossen ebenso wie alle anderen Vogelarten in unserer tollen Natur nicht den Tod durch Rotorblätter der Windräder erleiden müssen.“ Vera Krug sprach aus, was sich alle ihre Mitstreiter, die um den Erhalt „eines wunderbaren Nahrungshabitats“ für streng geschützte Vogelarten im und rund um den geplanten Windparkstandort Stillfüssel bei Wald-Michelbach erhoffen. Foto Vera Krug; der JungUhu wird  zu der Widvogelpflegestation gebracht. Dort bleibt er bis er fliegen und alleine Beute jagen kann. Auf dem Foto wird er gerade Untersucht und kommt zur Beobachtung, für eine kurze Zeit, in eine einzelne Foliere

Rückblende: Im Februar 2017 wurde auf dem Höhenrücken Stillfüssel, im Zentrum des Planungsgebiets der Windräder, durch den Mitarbeiter einer Firma, die für die ökologische Baubegleitung zuständig war, eine Brutstätte zerstört. Es handelte sich dabei höchstwahrscheinlich um den Bruthorst eines Uhus. Nistmaterial wurde von der Polizei vor Ort sichergestellt. Im Zusammenhang mit dem entstandenen Umweltschaden dauern die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen immer noch an.

Anfang Juni 2017 wurde in unmittelbarer Nähe zum Planungsgebiet ein geschwächter Jung-Uhu gefunden. Er wurde von Tierschützern zur Aufzucht und Pflege in eine Wildtierstation gebracht und dort auf seine Auswilderung in die Freiheit vorgebereitet. Die Staatliche Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland in Frankfurt wurde darüber entsprechend informiert. Die Auswilderung fand in Begleitung eines erfahrenen Experten für Faunistik und Landschaftsökologie statt. Ein Uhu in der freien Natur hat eine Lebenserwartung von bis zu 30 Jahre. In der Regel entfernt sich der Uhu nur unwesentlich von seinem Geburtsort und wird sich daher wieder im Umkreis seines Brutplatzes ansiedeln. Das Naturschutzgebiet Eiterbachtal, mit seinem naturbelassenen Fließgewässer, bietet dem Uhu ein ausreichendes Beuteangebot für seine Nahrung. Es stellt ideale Bedingungen für ein eigenes Revier und seinen künftigen Nachwuchs dar.

Vor diesem Hintergrund wird auf eine zeitnahe Entscheidung des Verwaltungsgerichts Darmstadt über den Eilantrag des Naturschutzvereins „Initiative Hoher Odenwald e.V.“ gehofft. Dieser fordert einen sofortigen Baustopp für die Windräder auf dem Stillfüssel wegen unzureichend durchgeführter Untersuchungen vor der Genehmigung.

„Das Vorkommen des Uhus im Eiterbachtal ist schon lange bekannt und auch dokumentiert worden. Leider weist die vom Betreiber im Auftrag gegebene Umweltverträglichkeits-Vorprüfung unserer Ansicht nach erhebliche Defizite und Fehler auf“, beklagt ein Sprecher der BI. So blieben alleine im Planungsgebiet Stillfüssel über 50 im Jahr 2016 angezeigte Brutstätten verschiedener Vogelarten ungeprüft. Der von der ökologischen Baubegleitung zerstörte Horst befand sich ebenfalls darunter.

„Hier bahnt sich der eigentliche Skandal an: handelt es sich bei dem zerstörten Brutplatz um den eines Uhus, dann hätte dies das sofortige Aus des Windindustrieparks Stillfüssel bedeutet“, so die BI. Der Uhu gehört zu den streng geschützten Arten. Der vorgeschriebene Abstand zwischen einer Windkraftanlage und eines Uhu-Brutplatzes beträgt ein Kilometer. Genau in dieser Tabuzone befinden sich alle fünf Windräder. „Weder der Betreiber, die Firma Entega, noch das Regierungspräsidium Darmstadt, haben vor diesem Hintergrund ein Interesse daran, den Tatbestand aufzuklären“, ist sich die BI sicher.

Unabhängig von den Brutstätten ist das Kollisionsrisiko mit Rotoren der Windräder für den Uhu und den anderen in großer Anzahl gesichteten Vogelarten wie Schwarzstorch, Rotmilan und Wespenbussard sehr hoch. Es wäre also vor Genehmigung des Standorts zwingend erforderlich gewesen, innerhalb eines Untersuchungsgebiets im 3-km-Radius sämtliche Nahrungshabitate und Flugkorridore über und zum Stillfüssel genauestens zu untersuchen. 


Foto Livio Slesina; Der Junguhu fliegt im Eiterbachtal das erste mal in seinem Leben in Freiheit.  12.09.2017; Foto Stephan Hördt, der Junguhu lässt sich ganz in der Nähe auf einem Ast nieder und beobachtet uns von sicherer Entfernung.
Für Prof. Dr. Michael Wink, Direktor am Institut für Pharmazie und molekulare Biotechnologie der Universität Heidelberg, ist die Lage im Eiterbachtal in seinem aktuellen Kurzgutachten eindeutig.
Aus seiner Sicht müssten die begonnenen Arbeiten am Stillfüssel sofort gestoppt werden, denn diese stellen einen Verstoß gegen §44 des Bundesnaturschutzgesetztes dar. Aus Sicht des Naturschutzes plädiert er darüber hinaus dafür, das bestehende Naturschutzgebiet Eiterbachtal um die Waldgebiete rund um den Höhenrücken Stillfüssel zu erweitern. Das Gebiet sei überregional als Brutplatz und Nahrungshabitat für diverse geschützte und seltene Vogelarten von besonderen Interesse. 

 

Filmbeitrag: Landesschau Baden-Württemberg vom 13.9.2017

 

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